Home » Fachwörter » Was bedeutet der Spruch „Leben & leben lassen“?

Was bedeutet der Spruch „Leben & leben lassen“?

Hinterfragen wir nicht alle mal Handlungen anderer, die wir so gar nicht nachvollziehen können?
Oftmals versucht man dann, denjenigen Ratschläge zu geben, beziehungsweise diese Person eines Besseren belehren zu wollen… doch hiermit sei gesagt: Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen.
Ganz nach dem Motto: Leben und leben lassen.
Doch woher kommt diese Redensart überhaupt? Und was bedeutet das für uns?

Herkunft:

Den Ursprung findet diese Redensart tatsächlich im ersten Teil von Friedrich Schillers Werk „Wallenstein„.
In diesem Teil wird über den Feldherrn Tilly gesagt:

ZIT.: „Dem eigenen Körper war er strenge;
Dem Soldaten ließ er vieles passieren,
Und gings nur nicht aus seiner Kassen,
Sein Spruch war: leben und leben lassen. “

Was er damit eigentlich gemeint hat, hier im kurzen Überblick:
Die Bedeutung ist, dass man leben soll, wie es einem gefällt, genauso aber auch die Lebensweise anderer zu tolerieren und akzeptieren hat.
Doch warum fällt es uns so schwer, zu akzeptieren, wie jemand seinen Lebensstil bevorzugt auszuführen?

Unsere Wurzeln sind verantwortlich:

Psychologisch gesehen identifizieren wir uns mit unserer eigenen Person, unserem „Ego“ klarerweise am Besten. Das, was uns charakteristisch am Nächsten liegt, da wir ja nach unseren Prinzipien leben, fällt uns demnach auch leichter, die selben bei anderen hinzunehmen.
Sind uns aber gewisse Verhaltensmuster völlig fremd, so sträubt sich unser unterbewusstes Ego dagegen, einzusehen, dass jemand andere Lebensweisen gewohnt ist, als wir sie selbst gewohnt sind. Woran man anknüpfen kann, dass der Mensch allgemein bekannt ein „Gewohnheitstier“ ist, was heißt, dass alles, was uns gewohnt erscheint, als erstes gewählt wird. Rein ursprünglich gesehen liegt es also in unserem Naturell, sich Menschen und Freunde auszusuchen, denen wir ähnlicher sind, da das in der Gruppe damals – beispielsweise in der Steinzeit- im Zusammenspiel besser funktionierte als eine Gruppe komplett gegensätzlicher Charaktere. Im Zusammenspiel gesinnte sich gleich zu gleich, um den Nachwuchs leichter aufziehen zu können.

Zumal wir aber weder in der Steinzeit leben, noch etwas mit gegensätzlichen Charakteren zu tun haben müssen, können wir dieses Denkmuster definitiv unterbrechen.
Seit dem 18. Jahrhundert trägt dieses Sprichwort in Deutschland nämlich zu dem „Toleranzgedanken“ bei, rückführend auf die wirtschaftspolitische Position, die der Ansicht war, dass sich die Wirtschaftsform am besten ohne politische Eingriffe entwickeln konnte.

Schiller oder Politik? Wer hatte den Einfall zuerst?

Schiller leitete die Redensart aus dem französischen „Laissez- faire, laissez passer!“ (lasst machen, lasst gehen!) ab und machte sie durch seine bekannten Werke in aller Munde gebräuchlich. Nicht nur Schiller schien begeistert zu sein von dieser Redensart, denn die Popularität steigerte sich drastisch; Lessing, Göthe, Mendelssohn, Fontane- all diese Schriftsteller bauten die Redensart in ihren Werken ein. Nebenbei erwähnt nachvollziehbar, denn „Leben und leben lassen“ scheint auf jeden Charakter eines jeden Menschen zu passen, sozusagen ein Allgemeinheitsfakt über das Zusammeneben mit seinen Mitmenschen.

Die Kernaussage besteht darin, tolerant miteinander UND der Natur zu leben, das Gemeinsame zu pflegen und jedem seinen Individualismus zu lassen.

Andere Aspekte:

Auffällig wird diese Redensart aber auch des Öfteren im negativen Kontext verwendet, man schüttelt den Kopf, zuckt mit den Achseln und sagt: „Leben und leben lassen.“ Um sozusagen gesellschaftlich abwegiges Verhalten zu entschuldigen oder derjenigen Person einfach aus dem Weg gehen zu können.
Grundsätzlich gilt: Jeder darf und soll seine eigenen Erfahrungen machen, denn niemand hat das Recht, einem anderen vorzuschreiben, wie er sein Leben zu führen hat. Natürlich kommt das auf Maß und Ziel an, denn bei moralisch verwerflichen oder gesetzeswidrigen Sachen gilt dieser Spruch klarerweise nicht. Aber auch hierfür sind wir normalen Mitbürger nicht zuständig, jemanden eines besseren zu belehren, sondern bei wie vorhin erwähnten Sachen sich an zuständige Stellen wie Polizei, Erziehungsberechtigte oder die dafür vorhergesehenen Dienste zu melden.

Vergleiche und ähnliche Redensarten:

Leben und leben lassen – wir wissen jetzt, was es damit auf sich hat. Doch auch andere Redensarten wie: „Wie du mir, so ich dir“ oder : „etwas drauf ankommen lassen“ können in diesem Fall sehr aufschlussreich für uns alle sein. Denn Hand aufs Herz- wer hat denn gerne, dass jemand ihm dazwischen quatscht, wenn man überzeugt von etwas ist..?

Hat dir der Beitrag gefallen?